“OPTIMISTIC COVER” @ the DISTRIBUTION DE FILMS INDÉPENDANTS – SÉANCES – FESTIVAL DES CINÉMAS DIFFÉRENTS DE PARIS
http://www.cjcinema.org/pages/catalogue_auteurs.php?valider_recherche=rechercher&lettre=r
HD | Mini dv | 04:29 Min. | Color | Stereo
Argentina, Brazil, China, Germany , Spain, Turkey,
Uruguay and UK
Optimistic Cover, 2015, begins with a lengthy take of a dog on a broad beach shrouded in fog. To start with the dog is seen sitting, for a moment looking with waving ears directly into the camera before starting to run. In slow-motion he moves continuously away from a position close to the camera, but cuts brings him back into the picture each time and his relaxed run seems to be continued indefinitely. The scene is determined by a likewise recurrent optimistic piano melody. While the music carries on almost unchanged, the next take is introduced abruptly. Against a dark background, various objects that are difficult to clearly identify, such a a pink quilted jacket and a colourful round tablecloth, are put together to form a flat collage on to which parallel film excerpts are projected. In a small pane top right the dog on the beach can still be seen, while at the same time at least five other different takes can be recognized. Two panes are dominated by costumed figures. One is marching along a forest path with a folksy tablecloth over its head. The second can be observed dressed in the pink quilted jacket and wearing an ass’s head plastic mask as, with nimble fingers, it fastens a colourful cloth printed with comic animals to a no less colourfully painted wall.
Individual scenes of the film collage, whose elements become increasingly smaller and overlaid, are zoomed in on alternately and for a brief moment detached from the whole. With the focus on the marching figure, the music too finally changes into a dramatic drumming. Individual excerpts are now played faster and faster while contrasted with garish coloured light, and shown as anticipation and retrospect of the main collage. Scenes that ultimately slow down again show various views of sometimes picturesquely composed walls in cities. As the bearers of information in the public space, Optimistic Cover stresses their communicative potential and parallel structures of reality and fiction.
Optimistic Cover beginnt mit einer längeren Einstellung auf einen Hund, an einem weiten nebelverhangenen Strand. Zunächst sitzt der Hund, schaut mit wehenden Ohren einen Moment direkt in die Kamera und beginnt schließlich zu laufen. In Zeitlupe entfernt er sich fortwährend aus einer der Kamera nahen Position, wird durch den Schnitt jedoch stets zurück ins Bild geholt und sein ausgelassener Lauf scheinbar ewig fortgesetzt. Die Szene wird bestimmt durch eine sich gleichfalls wiederholende optimistische Klaviermelodie. Während die Musik nahezu unverändert weiterspielt, wird mit einem abrupten Übergang die nächste Einstellung eingeleitet. Vor einem dunklen Hintergrund sind verschiedene, kaum deutlich zu erkennende Gegenstände, wie eine rosane Daunenjacke und eine bunte runde Tischdecke zu einem flächigen Konstrukt collagiert, auf das parallele Filmausschnitte projiziert werden. In einem kleinen Feld in der rechten oberen Hälfte ist fortlaufend der Hund am Strand zu sehen, während gleichzeitig mindestens fünf weitere Einstellungen zu erkennen sind. Zwei Felder werden von kostümierten Gestalten dominiert. Die eine marschiert mit einer folkloristischen Tischdecke über dem Kopf auf einem Waldweg. Die zweite ist, in die rosane Daunenjacke gekleidet und mit einem Eselskopf aus Plastik maskiert, dabei zu beobachten, wie sie mit schnellen wischenden Fingern ein buntes mit Comictieren bedrucktes Tuch an einer nicht weniger bunt bemalten Mauer befestigt.
Einzelne Szenen der zunehmend kleinteiliger werdenden und sich überlagernden »filmischen Collage« werden abwechselnd herangezoomt und für einen kurzen Moment herausgelöst. Mit dem Fokus auf die marschierende Gestalt verändert sich schließlich auch die Musik in ein dramatisches Trommeln. Immer schneller werden nun einzelne Ausschnitte in Gegenüberstellung mit grell buntem Licht eingespielt und als Vor- und Rückgriff der großen Collage gezeigt. Sich schließlich wieder verlangsamende Szenen fokussieren, teils malerisch gestaltete Stadtmauern und legen den abschließenden Eindruck von Optimistic Cover auf deren kommunikatives Potenzial und parallele Ebenen von Realität.
von Rosa Windt
Mit einer Reihe von insgesamt sieben Kurz-Filmen entwirft Leyla Rodriguez Sequenzen von Familie und Identität. Vielfach werden dabei eindringliche autobiografische und intime Aufnahmen assembliert und entwickeln den Charakter bewegter Collagen. Ahistorische, mehrdeutige, skurrile Bilder, Musik und Charaktere suggerieren Narrative, die nicht eingelöst werden. Die Filme generieren so keine stringente Zeitauffassung oder Erzählung, sondern bilden in einer Art Endlosschleife variable Einstiegsmöglichkeiten und Lesarten. Als ein übergeordnetes und wiederkehrendes Prinzip erscheint dabei das Verhältnis von Natur, Kultur, Heimat und Heimatlosigkeit und erzeugt eine die Filme überlagernde Melancholie und Sehnsucht.
Leyla Rodriguez stammt aus einer Musikerfamilie. Sie wuchs während der von 1976 bis 1983 andauernden Militärdiktatur in Argentinien auf und immigrierte 1984 schließlich nach Deutschland. Während Teile der Familie in Argentinien verblieben, wanderten andere nach Amerika, Brasilien und Australien aus, und der ehemals enge Verbund verlor sich in kleinen Gruppen. Ein Gefühl der Identitätslosigkeit und einer für immer verlorenen Heimat blieb.
Verschiedene Mitglieder der Familie werden Film um Film musikalisch integriert und bilden einen Schwerpunkt der Erzählung, ohne dabei selbst in Erscheinung zu treten. An ihrer Stelle übernehmen verschiedene Aufnahmen von Landschaft, Wild- und Hausieren sowie Rodriguez selbst — verkleidet als vermummte Gestalt, als Hybrid zwischen Tier, Mensch und Textil — abstrakte Personifikationen. Alte Melodien, teils von Familienangehörigen komponiert, werden durch neue ergänzt und tragen die bildnerischen Erzählungen. Klangfolgen dominieren die verschiedenen Szenen, verknüpfen diese und werden zu Hauptakteuren.
Ein Großteil des filmischen Materials zeigt Ausschnitte aus dem Alltag der Künstlerin und entwirft eine vom Zufall geleitete, beiläufige Struktur. In der Erweiterung oft seltsam anmutender Aufnahmen, ergeben sich zwischen den Bildern ästhetische Verwandtschaften und erzeugen eine Parallelwelt zwischen Ordnung und Unordnung. Das Medium Film changiert dabei zwischen fotografischen, malerischen und performativen Episoden und verhindert eindeutige Kategorien.